Aus Sicht des Sucht- und Drogenbeauftragen der Bundesregierung, Burkard Blienert (SPD), „ist Werbung für suchtgefährdende Angebote nie etwas Sinnvolles“.
Denn Sportwetten-Werbung erreicht zwangsläufig auch suchtanfällige Menschen, wie Suchtexpertin Gabriele Koller von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der LMU München erzählt. Die Werbung erzeuge „natürlich einen gewissen Suchtdruck“. Im Zusammenhang mit Wettsüchtigen spricht Koller vom Auslösen eines „Cravings“. Der englische Begriff meint das starke Verlangen bei Suchtkranken, das durch gewisse äußere Faktoren (sogenannte Trigger) beeinflusst wird. Werbung tritt als solcher Triggerfaktor auf. „Die Werbung schafft einen zusätzlichen Anreiz zum Spielen.“
Blienert wünscht sich „natürlich so wenig Werbung für Sportwetten wie möglich, am besten überhaupt keine.“ Es sei „eine ganz schlechte Entwicklung“, dass Werbung und Sponsoring im Profifußball in den letzten Jahren eine so dominante Rolle eingenommen haben. „Man fragt sich ja schon fast, was eigentlich im Vordergrund steht, der Sport oder das große Wettbusiness.“
Er fordert daher eine „vernünftige Werberegulierung für Sportwetten“ schon vor der WM in Katar. Konkret: ein Verbot der Fernseh-, Rundfunk- und Internetwerbung vor 21 Uhr, wie dies für Onlinecasinos der Fall ist. „Damit würde zumindest der Jugendschutz ein Stück weit gestärkt.“ Tobias Blümel war 16, als er das erste Mal getippt hat,
offiziell erlaubt sind Sportwetten erst ab dem Erwachsenenalter. Wie viel er verloren hat, kann er nicht genau sagen. „Aber ich habe im Millionenbereich gespielt, also allein vom Umsatz her.“
FR 05.05.2022 Andreas Schmid