Geschrieben von TotalRugby Team Donnerstag, 4. Mai 2023
Die Rugby-Bundesliga geht auf die Ziel-Gerade zu, nur noch zwei Runden stehen an, bis es eine Entscheidung über die Playoffs, sowie Auf- und Abstieg gibt. Unabhängig vom sportlichen Geschehen gibt es abseits des Rasens Diskussionen darüber, wie die Struktur der Liga künftig aussehen sollte. Frankfurts südafrikanischer Meistertrainer zeigt sich besonders über den Rahmenkalender unzufrieden. Doch auch darüber hinaus gibt es Reformbedarf.
Wenn man Meistertrainer Byron Schmidt von Frankfurt 1880 über seine Erfahrungen in der Bundesliga spricht, hat er nach sechs Jahren viel Positives zu berichten, dabei betont er zugleich aber auch: „Wir können so viel mehr aus dieser Liga machen!“ Er will eine Debatte über die Rugby-Bundesliga anstoßen und der Südafrikaner ist bei weitem nicht der einzige, der sich in diesen Tagen kritisch mit dem Ligasystem in Rugby-Deutschland auseinandersetzen.
Die Schere zwischen Nord und Südstaffel ist in den letzten Jahren nicht kleiner geworden und nicht alle Vereinsvertreter sind mit der Einführung der Viertelfinalrunde in den Playoffs in dieser Saison zufrieden. Im Süden spielen die Top zwei mehr oder minder in ihrer eigenen Liga und dahinter stellen Teams sowohl im Süden, als auch im Norden vielfach keine vollen Kader bei Auswärtspartien.
Einige Vereine sind in Sachen Personal geschwächt aus der Pandemie gekommen und das zeigt sich auf und neben dem Feld. Den größten Kritikpunkt, den Meistertrainer Byron Schmidt derzeit vorzubringen hat, ist die Länge der Saison. „Ich verstehe nicht, warum wir es dermaßen in die Länge ziehen“, so Schmidt im Gespräch mit TR. Das Finale sollte seiner Meinung nach Ende Mai, oder spätestens Anfang Juni stattfinden.
Dabei verweist er auf eine Problematik, die besonders seinen Verein und die Teilnehmer der Relegation betrifft. World Rugby empfiehlt eine sechswöchige Vorbereitung auf eine neue Spielzeit und wenn man dieser sportwissenschaftlich fundierten Empfehlung folgt, dann blieben den Finalisten in diesem Sommer beispielsweise nur zwei Wochen, bevor es mit der Vorbereitung auf die Saison 23/24 losgeht.
„Das ist auf lange Sicht einfach nicht nachhaltig“, so Schmidts Urteil. Dabei hatten die Klubs die Saison in den letzten Jahren sukzessive über den RBA umstrukturiert, so dass mehr in der vermeintlich warmen Jahreszeit gespielt wird. Die Monate Dezember bis März bleiben auf Drängen einiger Klubs mehr oder minder ungenutzt – mit Verweis auf die schlechten Wetterbedingungen.
Dieses Problem zu lösen wäre also nur mit zwei Varianten zu lösen: Entweder man strafft die derzeitige Saison und streicht einige freie Wochenenden im Frühjahr und Herbst, bzw. auch das gerade erst eingeführte Viertelfinale, bzw. expandiert ein wenig mehr in den Dezember und März. Oder man überdenkt die Struktur an sich.
Seit Jahren gibt es unter den Coaches in der Rugby-Bundesliga Befürworter einer Wiedereinführung eingleisigen ersten Liga. Diese gab bis 2012 noch mit zehn Teams, darunter sieben, Süd-Teams, sowie die beiden Berliner Klubs und Hannover 78. Damals wurden auch die hohen Reisekosten als Grund für die Abschaffung angeführt.
Eine Wiedereinführung würde immerhin ein weiteres Problem lösen. Der Unterbau der Bundesliga bröckelt derzeit so sehr wie nie. Die zweite Liga wurde im Sommer auf drei Staffeln zusammengedampft und selbst diese laufen allesamt nicht in Sollstärke, so dass derzeit nur 18 statt wie angedacht 32 Mannschaften in der zweiten Bundesliga unterwegs sind. Der Spielbetrieb läuft alles andere als rund und auch angesichts des starken Leistungsgefälles innerhalb der ersten Bundesliga wäre eine gestärkte zweite Liga mit sechs derzeitigen Erstligisten eine Überlegung wert.
Unabhängig von langfristigeren Reformen, die eines Vorlaufs und einer ausführlichen Debatte – was zunächst in jedem Fall geschehen sollte, ist die bestehenden Regeln stärker zu forcieren. In der Vergangenheit wurde bei Nicht-Erfüllung der Lizenzanforderungen im Bereich Nachwuchs und Schiedsrichter des Öfteren ein Auge zugedrückt. Das soll künftig, so der Tenor aus dem RBA, nicht mehr im gleichen Maße geduldet werden.
Eine Änderung in diesem Sommer käme viel zu früh, doch vielleicht ist es nun Zeit für eine Debatte. Wie soll das Aushängeschild des deutschen Vereinsrugbys künftig aussehen? Wie kann mehr Spannung und ein besserer Spielbetrieb gesichert werden? Welche Anforderungen sollten Erstligisten sportlich, aber auch in Sachen Organisation und Öffentlichkeitsarbeit erfüllen. Kaum jemand dürfte Frankfurts Trainer Schmidt widersprechen, wenn dieser von ungenutzten Potenzialen in der Liga spricht.