Patrick Dunkley: „Dann wäre Rugby in Offenbach jetzt tot“

OP 03.07.2024, Von: Christian Düncher

Im Interview spricht Patrick Dunkley, Rugby-Abteilungsleiter des Offenbacher SC Rosenhöhe, über den Rückzug aus der Bundesliga und die künftigen Ziele

Offenbach – Als Aufsteiger in die Rugby-Bundesliga hat es der Offenbacher SC Rosenhöhe auf Anhieb in die Play-offs geschafft und diese im zweiten Jahr nur aufgrund eines Punktabzuges verpasst. Dennoch erfolgte nun der Rückzug aus dem Oberhaus bis in die Regionalliga. Im Interview spricht Abteilungsleiter Patrick Dunkley (34) über die Gründe und erklärt, warum er dennoch positiv in die Zukunft blickt.

Sie sind für einen Abteilungsleiter recht jung und mussten eine Entscheidung von großer Tragweite treffen. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?

Ein Rückzug ist immer schade. Da geht es ja nicht nur um das Prestige. Es war letztlich eine Vernunft-Entscheidung. Den Ausschlag gab, dass wir Wert auf Nachhaltigkeit legen wollen. Wenn man den zeitlichen und finanziellen Aufwand, den wir für die Bundesliga betrieben haben, ins Verhältnis zu dem in der Jugendarbeit setzt, wäre es nicht verantwortungsvoll gewesen, das so fortzusetzen.

Dominique Arnault hat sich als Teammanager und mit seiner Firma auch als Hauptsponsor des Herren-Teams zurückgezogen (Anm. d. Red.: Zu den Gründen äußerten sich beide Seiten nicht, das Sponsoring der Jugend geht aber weiter). Gab es überhaupt eine Alternative zu dem Rückzug aus der 1. Bundesliga?

Wir hatten vor ein paar Wochen einen Aufruf gestartet, um zu schauen, ob wir mit einem Kader, bei dem der Fokus auf Spielern aus der Region liegt, Bundesliga-Rugby in Offenbach anbieten können. Es hat nicht geklappt. Und erneut Spieler aus dem Ausland zu holen, war kein Thema.

Warum fängt der OSCR in der Regionalliga neu an und hat nicht versucht, in die 2. Liga zu kommen, wo die Sollzahl zuletzt massiv unterschritten war?

Im Rugby sind die Unterschiede zwischen den Spielklassen enorm. Wir sind der Meinung, dass in der Regionalliga für diejenigen, die als Amateure spielen wollen, die Hemmschwelle niedriger ist als in der 2. Liga. Auch für unsere Talente, von denen die ersten in ein, zwei Jahren zu den Herren aufrücken können, ist diese Spielklasse zu Beginn eher händelbar. Die Regionalliga hat den Vorteil, dass man dort schon mit 17 Jahren spielen darf.

War die Rugby-Abteilung des OSCR zu abhängig von einem Sponsor und wollte in der 1. Bundesliga zu schnell vorankommen?

2016 war die Mannschaft ja schon mal abgemeldet worden. Es gab damals auch keine Jugend. Daher wechselten Leute wie ich zur TGS Hausen. Aus den Altern Herren heraus fand sich dann eine Gruppe zusammen, die das nicht akzeptieren wollte. Sie startete ein Projekt. Damals dachte keiner daran, in die Play-offs der 1. Liga zu kommen. Dynamiken entstehen manchmal von alleine. Ziel sollte aber immer sein, Strukturen aufzubauen und eine stabile Grundlage zu haben. Dass wir einige Schritte zu schnell gemacht haben, sieht man ja. In die 1. Liga zu gehen, war aber kein Fehler.

Wir haben aktuell 30 Nachwuchsspieler. So viele hatten wir noch nie. Wir haben also durchaus einige Ziele erreicht.Patrick Dunkley über die Jugendarbeit der OSCR

Woran lag es dann?

Wir haben personelle Fehler gemacht. Und hätten wir in der Jugend 2017 mit Zwölf-, 13-Jährigen angefangen, wären jetzt ein paar Lücken geschlossen. Mit den Trainern, die wir damals für die Jugend hatten, hätten wir mehr erreichen müssen, auch wenn das allgemein schwierig ist. Wenn man sich die nationale U18-Liga anschaut, gibt es dort nur ein, zwei Klubs, die ein eigenes Team haben. Der Rest sind Spielgemeinschaften.

Obwohl in Offenbach ein großer finanzieller Aufwand betrieben wurde, schien die Lücke zu den Top 3 (SC Frankfurt 1880, SC Neuenheim, TSV Handschuhsheim) nicht kleiner zu werden. War das auch ein Faktor?

Das war weniger das Problem, zumal wir den SC Neuenheim und den TSV Handschuhsheim in der vergangenen Saison je einmal geschlagen haben. Das Teamgefüge war eher nicht so, wie wir es gerne gesehen hätten.

Lag es auch an der Altersstruktur der Mannschaft? Bei einigen Spielern nahm die Bedeutung von Familie und Beruf zuletzt zu.

Daran lag es sicher nicht primär. Das ist ein Phänomen, das Vereine regelmäßig betrifft. Immer wieder kommt mal ein Schwung an Spielern und bringt einen Schneeball ins Rollen. Mein Freundeskreis und ich haben über acht Jahre hinweg mit dafür gesorgt, dass wir eine Mannschaft stellen konnten. Aber das ist halt nicht die Regel. Im deutschen Rugby gibt es generell ein massives Problem mit dem Nachwuchs. Wer da nicht breit aufgestellt ist, den erwischt es irgendwann.

Wie haben die Spieler auf den Rückzug reagiert?

Wir haben immer offen kommuniziert, wen wir ansprechen und was wir nicht tun werden. Leider ist es nicht gelungen, zehn weitere Spieler aus der Region zu finden. Es war unser Ziel, dass in Offenbach weiter Bundesliga gespielt wird. Das hat nicht geklappt. Das sorgte natürlich bei den Spielern für Enttäuschung und Ernüchterung.

Steht schon fest, wer den Verein verlassen wird?

Mir sind außer den ausländischen Spielern bislang drei Abgänge bekannt. Es werden allerdings auch einige Spieler – wie ich – auf den Platz zurückkehren, die aus diversen Gründen nicht in der Bundesliga gespielt haben.

Wird der OSCR in der Regionalliga mit einem eigenständigen Team starten oder in einer Spielgemeinschaft?

Wir hätten alleine kein Team stellen können, haben jedoch einen Partner für eine Spielgemeinschaft gefunden, mit dem wir schon im Jugendbereich enge Bindungen haben. Das Ziel ist eine stabile Partnerschaft über Altersgrenzen hinweg. Ich denke, dass man diese Randsportart über regionale Kooperationen besser betreiben kann, dafür sollte man auch mal über seinen Schatten springen.

Wie wird der OSC Rosenhöhe Ihrer Meinung nach in Rugby-Deutschland wahrgenommen? Dass Geld für ausländische Spieler bezahlt wurde, kam nicht überall gut an.

Beim Deutschen Rugby-Tag und beim Rugby-Bundesligaausschuss war viel Misstrauen uns gegenüber zu spüren. Ich habe viel getan, um zu erklären, was unsere Ziele sind und wie ernsthaft wir sie verfolgen. Ich bin seit 20 Jahren in der Abteilung, nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil ich diesen Sport liebe.

2016 hatte Offenbach sein Herren-Team schon mal zurückgezogen. Was ist diesmal anders?

Wir haben aktuell 30 Nachwuchsspieler. So viele hatten wir noch nie. Es findet jährlich ein Turnier für die Offenbacher Schulen statt. Insgesamt haben wir das Thema Nachwuchsförderung noch nie so engagiert bearbeitet. Wir haben also durchaus einige unserer Ziele erreicht. Wenn wir uns nicht um die Jugend gekümmert hätten, wäre Rugby in Offenbach jetzt tot. Natürlich war nicht alles perfekt. Das muss man zugeben. Es sind manchmal Kompromisse nötig, um etwas zu erreichen. Mit dem heutigen Wissen, hätten wir vor drei, vier Jahren sicher einiges anders gemacht.

Das Gespräch führte Christian Düncher, OP

Patrick Dunkley: „Dann wäre Rugby in Offenbach jetzt tot“ (op-online.de)