Rugby aufgespürt: SC 1880 Frankfurt weiterhin mit Erfolgskonzept in die Zukunft

Teammanager und Mäzen Uli Byszio: Von der Spitze in die Breite

Die Zeiten, in denen der SC 1880 bloß auf den schnellen Rugby-Erfolg setzte, sind vorbei. Jetzt soll der eigene Nachwuchs eine erstklassige Zukunft haben.
Zum ersten Mal seit dem Bundesliga-Aufstieg 2006 haben die Rugbyspieler des SC 1880 Frankfurt nicht das Finale um die deutsche Meisterschaft erreicht. Aber Teammanager und Mäzen Uli Byszio sagt: „Es ist das beste Jahr – für unser Gesamtkonzept.“ Meister mit der zweiten Vereinsmannschaft in der zweiten Liga, Spitzenplätze mit der U14 und U12 sowie „extrem viele rugbyverrückte Kinder“ (Byszio) im Klub: Der Leistungsschub auf breiter Basis hat ihm gezeigt, mit der kostenintensiven Spitzenförderung vieles richtig gemacht zu haben. Jahr für Jahr stellte er eine Weltauswahl von hochkarätigen Spielern zusammen, um die deutschen Spieler unter der Anleitung renommierter Trainer aus dem Ausland voranzubringen. 2008 und 2009 gewannen die Frankfurter so die deutsche Meisterschaft, das letzte Mal war ihnen das 1928 gelungen. Der Erfolg brachte den polyglotten Hessen außerdem Sponsoren und wirkte wie ein Magnet auf Kinder und Jugendliche. Heute sind alle Nachwuchsmannschaften besetzt – von den Vierjährigen bis zur U18. Früher hingegen bekamen die Achtziger beim Raufen um das Leder-Ei kaum eine Jugendmannschaft zusammen.
Frankfurt, der Meister des schnellen Erfolgs aufgrund der internationalen Verstärkung: „Ich wollte lieber einen Raketen- als einen Schneckenstart“, sagt Byszio. Von der Regionalliga über die zweite Liga marschierte der Verein in die Bundesliga durch. In drei Jahren verlor der SC 80 nur ein Ligaspiel. In einer Sportart, in der sich jahrzehntelang die Vereine aus Heidelberg und Hannover die Meistertitel untereinander aufteilten.

Keine Multikultitruppe mehr
Mit dem Aufmischen der Szene könnte es jetzt aber vorbei sein, denn Byszio plant einen Zeitenwechsel. Schließlich soll es in Zukunft keine bezahlten Rugbyspieler mehr geben, sondern nur bezahlte Trainer. Von ihnen brauchen die Frankfurter sieben bis zehn für ihre Jugendmannschaften. Fünfmal in der Woche müssen sie das Training leiten und Schulprojekte durchführen. Nationalspieler Kieran Manawatu, Kapitän Andrew Porter und der Profi Jason Campell arbeiten bereits mit den Talenten. „Sie sind alle sehr gute Jugendtrainer“, findet der frühere Nationalspieler Byszio. Würden sie ihre Nachwuchsförderung an der Feldgerichtsstraße fortsetzen, blieben sie wohl auch der Bundesliga-Mannschaft erhalten.

Diese ist nach dem Systemwechsel keine Multikultitruppe mehr. „Das Budget wird sich auf jeden Fall reduzieren“, kündigt Byszio an. Stattdessen sollen die Mittel vor allem der Jugend zugutekommen. Den Titel in der zweiten Liga gewannen die Frankfurter ohne Profis – zum ersten Mal. 24 Jahre beträgt das Durchschnittsalter des erfolgreichen Teams. „Wollen wir diesen Spielern den Weg in die erste Mannschaft versperren?“ Die Antwort auf die Frage von Byszio lautet: nein. Denn: „Eigentlich müssten wir so weit sein, aus eigener Kraft in der ersten Liga zu bestehen.“ Mit der Konsequenz, dass sich die Frankfurter wahrscheinlich aus dem Meisterschaftsrennen verabschieden. „Das Tempo ist 50 Prozent höher, und die Härte ist doppelt so hoch wie in der zweiten Liga. Es herrscht eine komplett andere Gangart “ – das ist seine Einschätzung.

Den Laufpass erhält womöglich Anthony Alatini. Anders als sein Vorgänger Aaron Satchwell sorgte der Trainer zwar für eine bessere Stimmung in der Mannschaft. Erfolgloser in der Meisterschaft aber war keiner. Kandidaten für den Posten gibt es genug – einer davon ist Zweitliga-Coach Daniel Cünzer. Viele der vereinseigenen Spieler führte er an Erstliga-Niveau heran. Auch deswegen ist Byszio vor der Zäsur nicht bange. Er sagt: „Die Saison ist gigantisch für uns gelaufen – auch wenn mich eine Menge Leute nach dem Verpassen des Finales mitleidig angeschaut haben.“

FAZ VON JÖRG DANIELS-AKTUALISIERT AM 09.05.2012-19:29