Die Mitglieder stehen zu ihrem Deutschen Rugby-Verband
Der Deutsche Rugby-Tag beschloss in Heusenstamm eine weitere Finanzhilfe für die nun völlig schuldenfreie Dachorganisation.
Heidelberg. (CPB) Der Deutsche Rugby-Tag des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV), der sich am vergangenen Samstag in der Sporthalle Martinsee in Heusenstamm über schier endlose siebeneinhalb Stunden quälte, brachte für den oft von Finanzsorgen und in jüngster Zeit von unliebsamen Schlagzeilen gebeutelten nur noch 15.279 Mitglieder starken Verband eine wertvolle Erkenntnis: Die knapp 140 Vereine und 13 Landesverbände stehen, bei aller Kritik an der Führung, zu ihrem Verband und insbesondere zu ihren Nationalmannschaften, die im staatlich stark geförderten olympischen Siebenerrugby auch erfreulich erfolgreich sind. Die Männer waren 2019 Europameister und wurden 2021 Vizeeuropameister, die Frauen sind als Aufsteiger in die Division 1 auf Anhieb Neunter geworden, die U18-Junioren wurden Sechste, die U18-Juniorinnen Zweite der Division 2, also EM-Zehnte.
Insofern war es folgerichtig, dass die versammelten Delegierten aus 98 Vereinen und elf Landesverbänden den seit elf Jahren für den Leistungssport verantwortlichen Vizepräsidenten Michael Schnellbach (Heidelberger Turnverein) mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigten – verbunden allerdings mit der unmissverständlichen Aufforderung, die staatlich nicht geförderten Nationalteams im traditionellen Fünfzehnerrugby, die von der deutschen Rugby-Gemeinde, World Rugby und Rugby Europe besonders geschätzt und beobachtet werden, besser zu fördern.
Damit der DRV, der etliche Jahre lang mehr Geld ausgegeben als eingenommen hatte und in eine dramatische Schieflage geraten war, seine Aufgaben besser erfüllen und seine Nationalteams intensiver fördern kann, hatten die Mitglieder im Sommer 2020 eine Sonderumlage in Höhe von zehn Euro pro Vereinsmitglied beschlossen, weshalb Finanz-Vizepräsident Matthias Entenmann (RG Heidelberg) – auch dank hoher Spenden und der Treue von Sponsoren und Mäzenen – von einer völligen Entschuldung des Verbandes und günstigen wirtschaftlichen Perspektiven berichten konnte. Einsparungen aufgrund von Wettkampfausfällen wegen der Coronavirus-Pandemie haben die Entschuldung deutlich begünstigt. Für 2020 lag allerdings kein testierter Kassenbericht vor, weshalb die Entlastung des Präsidiums und des zweiköpfigen Vorstandes nicht vorgenommen und auf einen weiteren Deutschen Rugby-Tag im späten Herbst verschoben wurde.
Nachdem die Versammlung einer weiteren Sonderumlage in Höhe von vier Euro pro Vereinsmitglied mit 60 Ja- und 30 Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen zugestimmt hatte, konnte DRV-Präsident Harald Hees (RK Heusenstamm), der seit Oktober 2019 amtiert, erleichtert aufatmen: „Ich habe Einigkeit festgestellt und den großen Willen, die Zukunft gemeinsam zu meistern.“
Erfreulich ist auch, dass es ein neues Regelbuch in deutscher Sprache gibt, dass allen Bundesligavereinen die Lizenz für die am 4. September beginnende Saison 2021/22 erteilt werden konnte und dass die Frauen-Liga nach der Anmeldung der SG Bayern und des RC Rottweil nun acht Teams zählt, die in zwei Leistungsklassen spielen werden.
Die Bewältigung der „Spiegel-Affäre“ wird den DRV hingegen noch eine Weile beschäftigen. Im Mai hatten das Nachrichtenmagazin und das SWR-Fernsehen von möglichem Fehlverhalten zweier in Heusenstamm fehlender Leistungssport-Funktionäre am Bundesstützpunkt Heidelberg berichtet und sich auf Aussagen und Dokumente zweier Nationalspieler aus Hannover und Heidelberg gestützt. Seither führt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Erpressung und weiterer Straftaten, Kriminalbeamte sind tätig, und der DRV hat eine Ethikkommission unter der Leitung von Henric Lewkowitz, des Ehrenvorsitzenden des Berliner Rugby-Verbandes, berufen, die aufklären soll. Es wird eifrig ermittelt.